Modernes Kommissionieren in Logistik 4.0

10 min lesen06 Februar 2022
2020 war ein revolutionäres Jahr für die Welt des E-Commerce. Nicht wenige Newcomer rückten in das Ranking der Top 1.000-Onlineshops auf. Hinter steigenden Umsätzen steht auch ein enorm grosser logistischer Aufwand: Denn die richtige Ware soll unbeschadet und vor allem schnell beim Kunden ankommen. Ein zentrales Element der Logistikkette ist das Kommissionieren. In diesem Artikel stellen wir neue Logistiktechnologien vor, die Ihr tägliches Lieferkettenmanagement verändern können: So geht Logistik 4.0!

E-Commerce in 2021

2021 legte der Schweizer E-Commerce Sektor im Jahresverlauf um 20% zu und erreichte mit 14,4 Milliarden Schweizer Franken einen neuen Rekordwert (Quelle: statista). Digitec Galaxus dominiert nach wie vor den Markt mit einem Plattformumsatz von 2.427 Milliarden Franken in 2022 und einem Plus gegenüber Vorjahr von 8,7%. Rang 2 geht an Zalando. Aber immer mehr Player spielen mit und kämpfen um ihren Anteil am «E-Commerce-Kuchen». Angesichts dieser Grössenordnung wird klar: Ohne reibungslose Abläufe und moderne Technologien läuft nichts: Logistik 4.0 – welche Ansätze gibt es?

Big Data & Künstliche Intelligenz: Wo stehen wir in der Logistik?

Seit einigen Jahren hören wir in den Medien häufig von Big Data oder der Anhäufung von Daten in Unternehmen. Diese Big Data, die auf den Bereich der Logistik 4.0 angewendet und mit künstlicher Intelligenz verbunden sind, bringen Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Logistiktechnologien mit sich. Gemeinsames Ziel dieser Logistik 4.0 – Lagertechnologien: Die Optimierung der gesamten Lieferkette, basierend auf Daten nicht nur aus der Aktivität Ihres Unternehmens, sondern auch aus externen Quellen.

Das Ergebnis sind Vorhersagemodelle, die es zum Beispiel ermöglichen, Lagerbestände zu antizipieren und damit Lieferungen im Voraus zu organisieren. Letztendlich helfen Ihnen diese Technologien dabei, Ihre Abläufe in Logistik und Lager besser zu verwalten . So ermöglichen bestimmte Modelle beispielsweise die Vorhersage des Bestandszustands anhand der Saisonalität, des Markttrends oder sogar des Verkaufspreises eines Rohstoffs.

Diese AI-basierten Technologien können direkt in andere Technologien integriert werden, die sich bereits in mittleren und grossen Lagern gut etabliert haben: Warehouse Management Systems (WMS) oder Enterprise Resource Planning (ERP). Es ist daher ein Trend im Logistikmanagement, der in den kommenden Jahren exponentiell weiter wachsen sollte.

Automatisierung im Lager

Ein wesentlicher Punkt in der Logistikkette: Die Zusammenstellung verschiedener Waren für den Versand. Doch nicht jede effiziente Lagerhaltung muss auf einen hohen Automatisierungsgrad zurückgreifen. Für mittelständische Unternehmen ist das in der Regel auch eine Kostenfrage und meistens ist für diese Betriebe die Investition zu hoch und rechnet sich langfristig nicht.

In Lagern, in denen die Logsitik 4.0 noch keinen Einzug erhalten hat, geht der Arbeiter zu den unterschiedlichen Regalen und sammelt die bestellten Waren ein. Um die Vorteile moderne Technologien zu nutzen, ist kein grosser Investitionsaufwand notwendig. Schon mit kleinen Anpassungen lassen sich grosse Veränderungen in der Lagerhaltung erreichen.

Moderne Technologie für moderne Lagerhaltung

Bei Barcodes handelt es sich bei weitem um keine neue Technologie. Dennoch bilden die Strichcodes die Grundlage für eine moderne Lagerhaltung. Denn durch den individuellen Code der Güter kann das System die Position der Ware im Lager sowie die Warenein- und -ausgänge protokollieren. Jedes Produkt ist mit einem Barcode versehen. Beim Einlagern und Entnehmen werden die Produkte jeweils gescannt: Dadurch werden die Warenaus- und -eingänge überwacht und protokolliert. Mit diesen Massnahmen ist man dem Ziel moderner Lagerung in Zeiten von Logistik 4.0 ein Stück nähergekommen. Das System erfasst den Bestand zu jeder Zeit und gibt Auskunft darüber, wo welche Güter in welcher Anzahl zu finden sind.

Doch diese Technik ist fehleranfällig. Wird der Code nicht richtig ausgelesen, muss die Seriennummer vom Mitarbeiter manuell erfasst werden. Und genau dabei steigt die Fehlerquote und es entstehen Zeitverluste.

Kommissionieren mit Datenbrillen: Pick-by-Vision

AR, Augmented Reality, steht für die Verknüpfung von digitalen Daten mit der Realität: Die Realität wird sozusagen erweitert. Methoden, die auf Augmented Reality zurückgreifen, sind in der Logistik 4.0 überaus vielversprechend. Immer mehr Unternehmen setzen diese neuen Technologien in der Lagerhaltung bereits ein. Eine davon ist die Pick-by-Vision. Darunter versteht man eine Innovation in der Logistik : das Kommissionieren mit Datenbrille. Dem Kommissionierer werden die benötigten Informationen über eine Datenbrille direkt im Blickfeld angezeigt:

  • Lagerplatz
  • Artikel
  • Entnahmemenge

Die Vorteile von AR beim Kommissionieren

Dadurch können die Prozesse im Lager zeitsparend und unkompliziert gestaltet werden. Denn die Datenbrille berechnet die Aufträge so, dass der Mitarbeiter die Waren laufwegoptimiert aus den Regalen nimmt und dadurch weniger Zeit benötigt. Zusätzliche Sensoren wie eine integrierte Kamera zum automatischen Scannen des Barcodes in der Datenbrille, eine Waage auf dem Kommissionierwagen oder FRID-Armbänder, die das Einsammeln des richtigen Objekts bestätigen, helfen mit, die Fehlerrate bei der Kommissionierung deutlich zu verringern. Aber nicht nur die Fehlerquote sinkt, der Mitarbeiter in der Kommissionierung wird entlastet und profitiert von ergonomischen Vorteilen:

  • Ohne Scanner hat der Arbeiter beide Hände frei und kann sich ganz auf die Arbeit konzentrieren.
  • Unnötige Laufwege werden durch die Planung des Systems vermieden.
  • Durch die vereinfachten Arbeitsabläufe sinkt die Belastung im Arm- und Handbereich sowie im Nacken.
  • Zusätzlich können Hinweise zur Arbeitssicherheit und Arbeitsschutzkleidung eingeblendet werden, bspw. beim Heben schwerer Gegenstände.

Aber auch die Auswahl des passenden Lagerverfahrens spielt beim Kommissionieren eine wichtige Rolle: Kommt die ABC-Methode zum Einsatz, erreicht der Kommissionierer die häufigsten Artikel, ohne sich zu bücken oder stark nach oben greifen zu müssen.

Höhere Mitarbeiterzufriedenheit durch besseres Handling

Besseres Handling erhöht die Mitarbeiterzufriedenheit und bindet die Fachkräfte langfristig an das Unternehmen. Studien zeigen, dass 30 Prozent der Arbeitnehmer negativ gegenüber ihrem Arbeitgeber eingestellt sind, wenn keine zeitgemässen Technologien eingesetzt werden. Bei immer mehr Mitarbeitern ist die technische Ausstattung bei der Entscheidung für ein Unternehmen ausschlaggebend. Durch den Einsatz von Hilfsmitteln wie Datenbrillen und Augmented Reality erhält das Unternehmen ein innovatives Image, wirkt attraktiv für potentielle Arbeitnehmer und bindet die aktuellen Mitarbeiter langfristig.

Datenbrillen: Die Technologie der Zukunft?

Der Einsatz von Datenbrillen und Augmented Reality bietet ein grosses Potenzial in der Logistik. Die Technologien ermöglichen es auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Lagerhaltung zu modernisieren und die Vorteile der Industrie 4.0 zu nutzen. Dadurch wird nicht nur die Effizienz gesteigert, es werden auch die Mitarbeiter entlastet. Was wiederum nachhaltig auf das Image des Unternehmens einzahlt.

Wer den Einsatz von Datenbrillen plant, sollte diese vier Schritte befolgen:

1. Festlegung der Ziele
Welche Arbeitsschritte sollen abgebildet werden? Wie werden dadurch die Mitarbeiter entlastet? Welche Technologien können eingesetzt werden? In der Grundlagenplanung ist es besonders wichtig, die konkreten Anwendungsfälle abzubilden und die Anforderungen zu beschreiben.
2. Auswahl der Hard- und Software
Für die ausgewählten Anwendungsfälle und zu unterstützenden Arbeitsplätze gilt es, die entsprechende Hardware auszuwählen: Datenbrille, FRID-Armbänder, Waagen und vieles mehr. Darüber hinaus müssen Entscheidungen zum Softwareanbieter getroffen werden: Ist das System cloudbasiert? Oder läuft es auf firmeneigenen Servern?
3. Testphase
Ist die Vorarbeit geleistet, wird ein Pilotprojekt erstellt. Hier werden die Mitarbeiter miteinbezogen, damit diese das System auf Herz und Nieren prüfen. Erst wenn alle Optimierungen abgeschlossen sind, erfolgt der Rollout.
4. Umsetzung
Das System wird für das Lager übernommen. Wichtig ist die Schulung der Mitarbeiter, damit diese den Umgang mit der neuen Technologie lernen, aber vor allem auch die neue Arbeitsweise akzeptieren.

Verbundene Objekte erleichtern die Bestandsverwaltung

Verbundenen Objekte, oder besser bekannt als IoT (für Internet of Things ) sind in unserem täglichen Leben bereits sehr präsent: Hausautomation oder Sprachassistenten wie Amazon Alexa oder Google Home sind ein Beweis dafür. Warum dieses IoT nicht in Lagern einsetzen, um dem Logistikmanager zu helfen, die Lieferkette besser zu verwalten?

Indem Sie die Regale oder Regale Ihres Lagers mit Sensorsystemen ausstatten, die selbst mit einem Hochleistungsinformationssystem verbunden sind, können Sie den Lagerbestand in Echtzeit erfassen. Letztendlich ist es das Ziel auch dieser Technologie, zeitaufwändige und menschlich fehlerbehaftete physische Abläufe zu unterstützen und vor allem jederzeit eine genaue Übersicht über ihre Logistikabläufe zu behalten .

Das Exoskelett: eine aufstrebende Logistik-Technologie gegen MSEs

Der Einsatz sogenannter Exoskelette ist im Bereich der Medizin bereits kein Neuland mehr und wird dort vor allem begleitend in der Ergotherapie eingesetzt. Der Einsatz von Exoskeletten in Produktion und Logistik 4.0 steht dagegen noch am Anfang – und mutet auch irgendwie seltsam an. Aber: Gerade hier ist die körperlich Belastung immens hoch, Erkrankungen und Unfälle im Zusammenhang mit der täglichen, körperlichen Arbeit häufig.

Ein Exoskelett ist eine mechanische Struktur, die Ihre Bediener tragen können und die Energie auf sie überträgt, um die übermässige Belastung ihrer Muskeln zu verringern. Das Exoskelett hilft ihnen somit , die Belastung eines bestimmten Muskels während einer einfachen und sich wiederholenden Bewegung in der Beschaffungs-, Auftragsvorbereitungs- oder Bearbeitungsphase zu verringern.

Der Einsatz von Exoskeletten in der Industrie und Logistik ist längst noch nicht ausgereift. Tests unter realen Bedingungen fanden (und finden) bereits statt: Volkswagen, aber auch BMW oder LG beispielsweise beschäftigen sich mit dieser Möglichkeit zur Förderung der Mitarbeitergesundheit bereits seit Jahren. Denn ganz besonders in der Montage der Fahrzeuge werden viele Arbeiten über Kopf bzw. über Schulter ausgeführt. Hier reduziert der Einsatz der Exoskelette die Belastung für Skelett und Muskelapparat erheblich.

Robotik: Willkommen im Lager 4.0

Kennen Sie Cobots oder „kollaborative Roboter“? Hierbei handelt es sich um Roboter, die anstelle von Bedienern bestimmte Logistikvorgänge übernehmen. So können diese sich wiederum auf anfallende Aufgaben konzentrieren, bei denen Menschen einen echten Mehrwert haben.

Zum Beispiel kann ein Cobot sich vollständig um die Verpackung von Produkten kümmern, während der Mensch hinter ihnen die Qualität dieser Verpackung sicherstellt. Ein echtes Kapital für Ihre Logistikorganisation und um MSDs zu vermeiden!

Sollten diese Technologien sich durchsetzen, könnten sie in den kommenden Jahren die Plackerei im Lager erheblich reduzieren, die Auftragsvorbereitung beschleunigen und den Logistikdienstleistern helfen, ihren Kunden das bestmögliche Auspack-Erlebnis zu bieten.

Technologien zur Optimierung des Güterverkehrs

Drohnen im Lager? Als Logistikspezialist wissen Sie, dass die Transportphase in Ihrer Logistikkette eine entscheidende Rolle für die Erfahrung spielt, die Sie Ihren Kunden bieten. Sie erwarten immer zuverlässigere Sendungen und Lieferungen über von ihnen gewählte Transportmittel und mit optimaler Rückverfolgbarkeit.

Wir sehen daher das Aufkommen von Technologien auf dem Markt, die darauf abzielen, die Lieferqualität zu optimieren , aber auch die Transportkosten zu rationalisieren:

  • Transport Management Systems (TMS) gehen jetzt weiter und werden Transport Management Platforms (TMP). Hierbei handelt es sich um kollaborative Technologien, mit denen mehr Daten (von den verschiedenen Benutzern der Plattform, aber auch über Versender, Spediteure und Provisionsagenten im Transport- und Logistiksektor) gesammelt werden können, um die Sendungen von Dienstleistern (auf der Strasse, Seeverkehr und andere) besser verfolgen zu können.
  • Drohnen und autonome Fahrzeuge gewinnen Tag für Tag an Bedeutung, um schneller zu liefern. Diese Technologien eignen sich besonders gut für den Einsatz in Stadtgebieten oder bei abseits gelegenen bzw. schwer zu erreichenden Zielen.
  • Auch automatische Schliessfächer entwickeln sich immer weiter. Sie geben Kunden die Möglichkeit, ihre Pakete jederzeit an einem sicheren Ort abzuholen. Genug, um das Kundenerlebnis Ihrer globalen Logistik weiter zu verbessern!
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