Verpackung 4.0 – Es ist noch Luft nach oben!

8 min lesen 21 Oktober 2020

An eine „gute“ Verpackung werden heute eine Vielzahl an Anforderungen gestellt. Das gilt insbesondere für Transport- oder Versandverpackung, viele Punkte lassen sich aber genauso auch auf Verkaufsverpackung übertragen. Neben der offenkundlichen Hauptaufgabe, nämlich dem Schutz des Packgutes während Transport und Lagerung, verstehen wir unter der Verpackung 4.0 eine Verpackung, die den heutigen und zukünftigen Wünschen bzw. Träumen der Kunden und Versender entspricht.

Verpackung – heute und in Zukunft

Verpackung wird stetig entwickelt und weitergedacht. Fortschritte in Forschung und Technik, sich ändernde Absatzmärkte und Bedürfnisse sowohl der Versender als auch Empfänger ergeben immer neue „Kompromisse“. Ob die Verpackung der Zukunft tatsächlich aus Meeresalgen oder Pilzen besteht, wird sich zeigen. Über die Verpackung der Zukunft lässt sich heute nur spekulieren. Was aber ist HEUTE eine Verpackung, die alle aktuell an sie gestellten Ansprüche erfüllt? Was ist die Verpackung state of the art, die Verpackung 4.0?

Eine Verpackung 4.0 ist eine Verpackung, die

1. voll automatisierte Prozesse im Lager und Versand d.h. die Industrie 4.0 unterstützt,
2. nicht nur selbst Informationen generiert, sondern auch über alle Stufen der Lieferkette hinweg miteinander kommuniziert, ihre Inhalte selbst überwacht und dabei zielführende Entscheidungen trifft. Sogenannte intelligente und auch smarte Verpackungen.
3. beim Kunden als Point of Sale agiert und jeden Kunden persönlich anspricht
4. nachhaltig ist.

Wie weit sind wir heute im Einsatz der Verpackung 4.0?

Fabian Kraft, Leitung National Key Accounts bei RAJA Deutschland, wagt auf der Logistic Summit 2020 eine Einschätzung: „Wir könnten 3.8 heute schon ganz gut abbilden. Reell liegen wir wohl er bei 3.6 – und selbst das ist für viele deutsche Unternehmen noch unerreicht.“

Woran liegt das? Was sind die Herausforderungen, mit denen Unternehmen in Bezug auf Verpackung zu kämpfen haben? Wir haben sie Punkt für Punkt „abgearbeitet“:

1. Die Rolle der Automatisierung in der Verpackung

Ab einem gewissen Pack-Aufkommen kommen Sie an einer Automatisierung der Abläufe nicht vorbei. Doch was ist heute in realistischem Masse als Automatisierungsgrad möglich?

Vollautomatische Waren-Kommissionierung, mithilfe von Kommissionierautomaten bzw. Kommissionier-Robotern, setzt eine komplette Neuorganisation der Lagersysteme voraus. Eine Investition, die sich aktuell kaum rechnet. Steigende Lohnkosten und Arbeitskräftemangel könnten hier (sehr) langfristig gesehen zu einem Umdenken führen. Für eine Teil-Automatisierung bzw. das elektronisch unterstütze Arbeiten beim Kommissionieren jedoch gibt es bereits einige praktikable Lösungen. Das Kommissionieren mithilfe mobiler Datenerfassung (MDE), das Kommissionieren mittels Barcode (Pick-by-Scan), sprachgesteuerte Kommissionierung (Pick-by-Voice), das Kommissionieren mithilfe einer Datenbrille (Pick-by-Vision) oder mittels Radiowellen (Pick-by-RFID) sind einige der Ansätze, die in der Praxis bereits tägliche Realität sind. Mehr dazu im Blog: Modernes Kommissionieren.

Beim Verpacken führt ein gewisser Grad an Automatisierung zu Effizienzsteigerung, mehr Nachhaltigkeit und einer End-Kontrolle, der nichts entgeht. Das kann dann so  oder so ähnlich aussehen:

Ein typischer, teil-automatisierter Packprozess:

Das Packen der (Versand-) Kartons ist in aller Regel immer noch „Handarbeit“. Aber entlang der Packstrasse machen sich automatisierte Prozesse bezahlt. Eine Karton-Aufrichtemaschine beispielsweise, die anhand der Auftragsdaten den Karton auf die Rollenbahn schickt, der in Grösse und Beschaffenheit zum Auftrag passt, führt nicht nur zu eindeutig schnelleren Abläufen, sondern zahlt auch auf die Nachhaltigkeit ein: In Sekundenbruchteilen kann die Maschine erfassen, welches der kleinstmögliche Karton und damit der mit dem geringsten Aufwand an Füll- und Polstermaterial ist – während der Packer bzw. die Packerin verständlicherweise eher zum grösseren Karton greift, um nicht nachher noch einmal umpacken zu müssen.

Exkurs:
Mehr über das „Phänomen“ zu grosser Versandkartons und wie z.B. das Fraunhofer Institut an möglichen, automatisierten Lösungen arbeitet: Zu grosse Versandverpackungen

Nach dem Packen wird dank des RFID Chips überprüft, ob der Inhalt des Kartons auch mit dem Auftrag übereinstimmt. Auch hier spielen Nachhaltigkeitsgründe eine Rolle für diesen Automatisierungsschritt: Eine Nachlieferung bedeutet eben nicht nur einen verärgerten Kunden, sondern auch mehr Verpackungsaufwand und mehr Transportlogistik bedeutet mehr CO².

Nach dem Einpacken geht der Karton weiter Richtung automatische volumenoptimierende Kartonverschliessmaschine (Bild e3neo) und danach zum Versandlabelling um final über eine PLZ-Vorsortierung dem passenden Post-Trolley oder einer Palette zugeführt und ggf. noch umstretcht zu werden. An die Verpackung selbst stellt dieser Prozess die Anforderung des aufgebrachten Tracking Codes und der Maschinentauglichkeit.

3. Verpackung 4.0: Die Kundenansprache

Kunden wollen begeistert und überrascht werden. Ein brauner schlichter Karton tut dies nicht. Nutzen Sie die Werbefläche, die sich auf der Verpackung bietet! Gerade im stetig wachsenden E-Commerce Bereich sollte Verpackung inzwischen als PoS verstanden werden.

Heute in vielen Unternehmen gang und gäbe: Bedruckte Kartons, Versandtaschen und Klebeband mit Firmen-Logo. Wiedererkennungswert, Werbefläche und Kundenbindungsinstrument. Verpackung 4.0 kann aber noch ein wenig mehr:

Einen Schritt weiter gehen und den Kunden begeistern können Sie, wenn auch die Innenflächen genutzt werden. Schon „normale“ Innenbedruckung kann hier einen grossen Unterschied machen. Höchster Standard, und damit quasi Verpackung 4.0: Jedes Paket spricht den Kunden persönlich an! Das ist heute schon über die Anbringung eines personalisierten Etiketts auf der Innenseite des Kartons, z.B. „Michael, viel Spass mit Deinen neuen Schuhen!“ oder das Aufbringen eines QR Codes via Etikett möglich.

Beim Thema Augmented Reality verknüpft man endgültig die reale und die digitale Welt. Über ein Wasserzeichen, welches in einem Bild auf dem Karton integriert ist, entführen Sie den Kunden in eine andere Welt. Da alle Informationen in der Cloud gespeichert sind, kann man hier die dargebotenen Infos jederzeit anpassen. Keine Zukunftsmusik, sondern längst ein rasant wachsender Markt, wie diese Zahlen beweisen:

  • GLOBALER MARKTANTEIL:
    In den nächsten 5 Jahren
    bis zu 85-90 Milliarden US-Dollar*
  • INSTALLIERTE APPLIKATIONEN:
    Insgesamt 3,5 Milliarden installierte Applikationen
  • ANSTIEG DER AUSGABEN:
    +70% vom Jahr 2018 auf 2019
    (auf insgesamt 20 Milliarden)

*Quelle: https://de.cosmoconsult.com/blog/2019/11/augmented-reality-verpackungen/

4. Nachhaltige Verpackung

Grundsätzlich ist die Verpackung die wichtigste Voraussetzung für einen nachhaltigen Transport. Denn kommt das Produkt beschädigt beim Kunden an, ist das nicht nur ein Imageverlust, sondern zieht auch immense Kosten sowie einen Neuversand und damit einen erhöhten CO² Ausstoss nach sich.

Laut einer Forbes Studie aus 2018 enthalten 60% der Lieferungen mehr als 25% Leervolumen und das hat sich seither nur leicht verbessert. Ziel ist es also die passende Verpackung für Ihr Produkt zu wählen, d.h. eine Verpackung nur so gross wie nötig und mit genau ausreichend Polsterschutz um ein sicheres Ankommen Ihrer Ware zu gewährleisten. Das ist das A und O.

Auch beim Polsterschutz sehen wir noch Potential hin zur Verpackung 4.0. Denn: Durch die passende Füll- und Polstermaterialmaschine, die am Packplatz integriert ist, spart man Platz und arbeitet wesentlich ergonomischer als mit manuellem Knüllpapier. Laut einer PwC Umfrage aus 2018 sind 85% der Konsumenten nachhaltige Verpackungen wichtig. Bereits 52% suchen gezielt nach Produkten mit umweltfreundlicher Verpackung.

Gemäss einer Studie der STI Group aus 2015 waren die Befragten bereit, bei einem angenommenen Produktpreis von 2,50 Euro, durchschnittlich 30 Cent – also 12 Prozent – mehr auszugeben, wenn Sie dafür eine nachhaltige Verpackung bekommen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich sehr viele Unternehmen Gedanken über das Thema Nachhaltigkeit machen, aber noch zu wenige den Schritt wagen all ihre bisherigen Verpackungen auf nachhaltigere umzustellen. Oft beruhigt man das Gewissen durch Änderung einer kleinen Stellschraube.

Es sind kleine Schritte, aber es tut sich etwas. Allein die Verkaufszahlen bei RAJA belegen ein (zögerliches) umdenken:

  • 85% unserer Kunden haben mindestens ein umweltfreundliches Produkt im Sortiment
  • der Anteil derer, die bei uns ausschliesslich umweltfreundliche Materialien kaufen in den letzten 2 Jahren um 3% gestiegen ist
  • die Menge der verkauften umweltfreundlichen Produkte hat sich in den letzten 2 Jahren um 12% erhöht
Fazit: Unser Weg zu Verpackung 4.0
Die genannten Punkte machen deutlich: Die Verpackung 4.0 ist kein unerreichbares Ziel.  Warum also sind wir nur bei 3.6?

  • Durch günstige und schnelle Lagerarbeiter fehlt es an der gefühlten Notwendigkeit der Automatisierung, wobei uns Corona jetzt gezeigt hat wie fragil Lieferketten sind, wenn Sie auf zu viel rein menschlicher Arbeitskraft basieren. Viele haben Respekt davor bestehende Prozesse zu ändern.
  • Angst vor Prozessänderung und personeller Mangel
  • Nachhaltigkeit muss Teil des Unternehmensziel sein
Unternehmen erkennen mehr und mehr, dass Kunden in Zukunft mehr erwarten als die reine Zustellung der Ware. Kunden wollen begeistert werden. Diesem Punkt wird noch immer viel zu wenig Beachtung geschenkt. Wenn Firmen das volle Potential einer Verpackung ausnutzen möchten und dadurch Kundenbindung auf ein neues Level heben, erst dann wird das Thema Automatisierung bzw. smarte Verpackungen voranschreiten.

RAJA steht Ihnen gerne zur Seite, den nächsten (oder aber auch: den ersten) Schritt zu gehen. Eine bestehende Infrastruktur kann durchaus Schritt für Schritt parallel zum weiterlaufenden Geschäft umgebaut und angepasst werden.

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